Mögliche Auswirkungen von Consent Änderungen auf programmatische Kampagnen
Management Summary
Die Privatsphäre im Internet wird immer wichtiger und auch Privatpersonen gehen immer bewusster mit ihren Daten um. Oft stehen sie personalisiertem Marketing skeptisch gegenüber, haben aber gleichzeitig wenig Wissen darüber. Laut Statistiken liegt die Opt-In Rate (die Rate für User, die ihre Zustimmung für Cookies geben) für die meisten Webseiten bei ca. 40-50%. Diese Entwicklung hat deutliche Auswirkungen auf die programmatischen Kampagnen. Doch ist uns das schon bewusst?
Was bedeutet das im Detail?
Die aktuellen Privacy & Tracking Themen haben einen deutlichen Einfluss auf die programmatischen Kampagnen. Folgende Auswirkungen sind bereits merkbar:
- 3rd Party Cookie Verlust: In einigen Browsern wie z.B. Safari oder iOS 14 ist 3rd Party Tracking gar nicht mehr möglich, auch Google für Chrome hat die Nutzung ohne 3rd Party Cookies für 2023 angekündigt.
- Abkürzung von Conversion Lookback Window: Die Messung von Conversions wurde teilweise schon durch Abkürzung des Conversion Trackings auf 24 Stunden z.B. in Safari eingegrenzt.
- Eingeschränktes App & Web Tracking: Die Änderungen von Apple haben ebenso auf die Verknüpfung zwischen App- und Web-Tracking bei iOS 14 einen (negativen) Einfluss.
- Verstärkte Privacy Regelungen: Die aktuellen Datenschutzgesetze haben zur Folge, dass Werbetreibende mit kleineren Datenpools arbeiten müssen; z.B. GDPR (General Data Protection Regulation), CPRA (California Privacy Rights Act), and LGPD (Brazil Lei Geral de Proteção de Dados)
- Vermehrte Nutzung von Ad Blockern: Aktuell verwenden ca. 37% der Internetnutzern weltweit Adblocker. Werbeblocker verhindern nicht nur die Schaltung von Anzeigen, sondern können auch das Tracking von Conversions erschweren.

Quelle: statista.com
Was haben diese Änderungen bei den Programmatic Kampagnen zur Folge?
Diese aktuellen Themen haben Einfluss auf unsere Online Kampagnen. Einige Auswirkungen können wir z.B. im Reporting bereits merken, andere werden erst bei der Analyse der Performance bewusst. Nachfolgend haben wir die wichtigsten Punkte zusammengefasst, die nicht nur das Reporting, sondern auch die Steuerung sowie die Optimierung von programmatischen Kampagnen betreffen.
Keine 3rd Party Targetings mehr möglich
Die erste und offensichtliche Auswirkung der oben genannten Punkte ist für die Online Kampagnen die Einschränkung der 3rd Party Daten. Spätestens ab 2023 werden 3rd Party Targetings nicht mehr möglich sein.
1st Party Audience Targeting wird erschwert
Durch das eingeschränkte Tracking können auch deutlich weniger Informationen bezüglich Userverhalten auf der Webseite für die Online Kampagnen genutzt werden. Wenn wir weniger User tracken können, sammeln wir auch weniger 1st Party Daten, was in Folge zum Schrumpfen der gesammelten Audiences führt. Vor allem im Remarketing kann bereits jetzt ein Einfluss auf die Kampagnen Performance beobachtet werden, da nur mehr weniger User retargetet werden können. Je spitzer die Audiences werden, desto mehr kann auch der Einkaufspreis im Open Inventory steigen.
Bilden von Similar Audiences wird beeinträchtigt
Die allmählich zurückgehende Useranzahl in den 1st Party Audience Listen beeinflusst auch das Bilden von Similar Audiences (User mit ähnlichen Interessen zu einer bestimmten 1st Party Audience Liste) für die Online Kampagnen. Wenn durch das Schrumpfen der Audiences ein kleinerer Datenpool für den Algorithmus zur Verfügung steht, können die Similar Audiences nicht mehr so genau gebildet werden.
Conversion Reporting wird eingeschränkt
So wie die Sammlung von Audience Listen, wird auch die Messung von Webseiten Conversions eingeschränkt. Dadurch stehen uns auch weniger Webseiten Conversions für die Online Kampagnen zur Verfügung. Die generierten Conversions werden gar nicht gemessen oder können der Kampagne nicht zugeordnet werden (zB View-through-Conversions oder Conversions, die länger als 24 Stunden dauern). Im zweiten Fall erscheinen dann ggf. die Conversions unter direktem Traffic (siehe Screenshot) bei Google Analytics und somit kann der Einfluss einer Kampagne auf die Conversion nicht mehr genau analysiert werden.

Quelle: e-dialog
Conversion Optimierung wird gebremst
Durch die eingeschränkte Messung der Conversions können wir nicht nur die Performance einer Kampagne unklar reporten, sondern auch undeutlicher steuern. Optimierungsstrategien, die auf Conversion Generierung bauen, haben durch die kleineren Datenpools weniger Basis und werden unpräzise.
Wie gehe ich damit um?
Natürlich gibt es auch einige Ansätze, die uns in Zukunft bei der Kampagnensteuerung bzw. -reporting helfen werden.
Das Reporting wird künftig aufwendiger und voraussichtlich weniger detailliert möglich sein. Aktuell empfehlen wir die Performance aus mehreren Tools zu reporten und dies abzugleichen, um etwaige Lücken auszufüllen. Auch verschiedene Attributionsmodelle wie z.B. ein Datadriven Attribution Modell oder das Marketing Mix Modeling (MMM) kann hier helfen, die Performance einer Kampagne oder eines Kanals neu interpretieren zu können. (→ Lesen Sie unseren Blogartikel zu diesem Thema) Verstärkt soll auch auf einen Vergleich mit den echten Sales Zahlen zurückgegriffen werden, um die overall Performance der Maßnahmen zu beurteilen.
Von Google gibt es bereits mehrere Lösungsansätze für die Post Cookie Ära. Eine intelligente Lösung für den Rückgang der messbaren Conversions ist das Conversion Modeling. Dies ermöglicht es bereits Werbetreibenden, die entstandenen Lücken mit statistischen Vorhersagen mit Hilfe von Machine Learning wieder zu schließen. (→ Lesen Sie unseren Blogartikel zu diesem Thema)
Auch bei der Privacy Sandbox von Google, die aktuell noch in Entwicklung ist, ist ein geplanter Bestandteil die Attribution Reporting API, die eine datenschutzkonforme Alternative für Conversion Messung und Reporting bieten soll. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
Für das Targeting ist es aktuell ganz wichtig, 1st Party Daten aufzubauen. So kann dafür gesorgt werden, dass die Bildung von Similar Audiences sowie das Remarketing noch möglichst lange reibungslos funktioniert.
Um die Sammlung von 1st Party Daten anzukurbeln, helfen die Anpassungen des Consent Banners enorm. Die Zustimmung der Nutzer kann durch die Gestaltung des Cookie-Banner beeinflusst werden. Alleine durch kleine Anpassungen (z.B. durch Farben, Text usw.) kann die Opt-In Rate gesteigert werden. (Die rechtlichen Vorgaben sind dabei natürlich einzuhalten.) Wir empfehlen daher A/B Tests durchzuführen, um die optimalen Cookie-Banner bestimmen zu können. (→ Lesen Sie unseren Blogartikel zum Thema Consent Optimization)
Ergänzend ist Customer Match eine gute Alternative, 1st Party Daten für die Kampagnen zur Verfügung zu stellen. Mit Customer Match, auch Kundenabgleich genannt, kann das Targeting mit Kundendaten wie z.B. Name, Email-Adresse, Device ID, etc. erweitert werden. Dabei müssen die datenschutzrechtliche Voraussetzungen natürlich berücksichtigt werden.

Quelle: e-dialog
Bei der Kampagnensteuerung gilt es aktuell offen für neue Möglichkeiten zu sein und testen, testen, testen. Neben Conversion Modelling können wir auch auf Custom Bidding zurückgreifen, um dem Algorithmus mehr Signale für die Optimierung zu geben. Mit dem Goal Builder in DV360 können bereits einfache Custom Bidding Szenarien wie z.B. Conversion Gewichtung rasch abgebildet werden. (→ Lesen Sie unseren Blogartikel zum Thema “Custom Bidding leichtgemacht”)
Dies könnte ein essentieller Hebel in der Optimierung werden.

Quelle: e-dialog
Alleine durch diese paar Punkte ist es ersichtlich, wie komplex das Thema und umfangreich die Auswirkungen von Consent Änderungen sind. Daher ist es wesentlich, nicht nur hinsichtlich der Dateninterpretation seine Denkweise zu ändern, sondern auch in Setup und Steuerung der Kampagnen bestehende Ansätze zu erweitern sowie neue Methoden zu testen.
Fazit
Viele Änderungen im Umfeld Datenschutz und Consent Management haben bereits eine enorme Auswirkung auf unsere programmatischen Kampagnen. Nicht nur im Bereich Reporting, sondern auch hinsichtlich Kampagnensteuerung wird sich noch einiges ändern. Wichtig dabei ist, uns möglichst vorab zu informieren und über die Einflussfaktoren sowie ihre möglichen Auswirkungen zu recherchieren. Wenn wir gegenüber neuen Ansichtsweisen und Methoden offen bleiben, dann können wir nicht nur die Privatsphäre der Nutzer schützen, sondern auch den Erfolg unserer eigenen Kampagnen gewährleisten.