von Markus Widmer
Seit Mai 2024 kann Podcast-Werbung im DACH-Raum auch programmatisch gebucht werden, ganz einfach über Tools wie die Google Marketing Platform. Diese Entwicklung kommt spät, ist aber vielversprechend, da Podcasts von einer breiten Bevölkerungsschicht gehört werden. Richard Hemmer vom Wissenspodcast "Geschichten aus der Geschichte" erläutert die Vorteile und Herausforderungen von Podcast-Werbung im herkömmlichen Format. Die programmatische Buchung könnte nun den Zugang zu Podcast-Werbung erleichtern und deren Effizienz steigern. AI-Tools und kontextbasiertes Targeting bieten zusätzliche Vorteile für Werbetreibende.
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Mehr ErfahrenKann die Podcast-Werbung jetzt aus ihrer Nische ausbrechen? Wir fragen einen der erfolgreichsten deutschsprachigen Podcaster, Richard Hemmer.
Seit Mai 2024 kann Podcast-Werbung im Netzwerk von Seven-One Audio programmatisch gebucht werden. Audio-Werbung kann nun also über Tools wie die Google Marketing Platform auch in einem kleinen, aber feinen Netzwerk von Premium-Podcasts im deutschsprachigen Raum programmatisch geplant werden. Es stellt sich die Frage: Warum erst jetzt, wenn andere digitale Werbeformate seit Jahren verfügbar sind und Podcasts als Format äußerst populär sind? Und inwiefern lohnt sich heute der Einstieg in die Podcast-Werbung?
Wir haben darüber mit einem der Hosts und Gründer des enorm erfolgreichen Wissenspodcasts “Geschichten aus der Geschichte”, Richard Hemmer, gesprochen.
Foto: Richard Hemmer, Gründer und Host des Podcast “Geschichten aus der Geschichte”, (Fotocredit: Ian Ehm)
Werbung in Podcasts hatte deutliche Anlaufschwierigkeiten, und das obwohl, oder gerade weil, das Format älter ist als YouTube oder Spotify. Die Ursprünge gehen zurück bis ins Jahr 2000. Fünf Jahre später nahm Apple Podcasts als eigene Kategorie in iTunes auf. 2014 bekam das Medium mit der packenden Dokumentation “Serial” einen Popularitätsschub, der bis heute anhält. Zu Beginn dieser letzten Welle sprang auch Spotify auf den Zug auf, zunächst mit einigen exklusiven Formaten, dann auch als eine weitere Plattform für offene Podcasts. Laut einer Studie aus dem Jahr 2023 hören 46% aller Deutschen zumindest hin und wieder Podcasts, im Schnitt beeindruckende 2,6 Stunden pro Woche.
So lässt sich durchaus Reichweite erzielen, wie auch Richard Hemmer bestätigt: “Wir sehen durchschnittlich rund 2,5 Millionen Downloads im Monat, bestätigt durch die ÖAK. Das bedeutet etwa 300.000 Downloads für jede neue Folge.” Kein Erfolg, der über Nacht kam, denn Hemmer und sein Co-Host Daniel Meßner produzieren seit neun Jahren jede Woche eine Folge ihres Geschichte-Podcasts, bis heute ohne Pause und die längste Zeit nur als Hobby. Heute stehen sie aber regelmäßig an der Spitze der Wissens-Podcast-Charts, leben vom Podcasten und widerlegen damit die These, dass in diesem Format nur etablierte Medien oder große Namen Erfolg haben.
Der enorm erfolgreiche Wissenspodcast „Geschichten aus der Geschichte verzeichnet monatlich ca. 2,5 Mio Downloads.
“Geschichten aus der Geschichte” werden von Seven-One Audio vermarktet, setzen aber bisher ausschließlich auf Host-Read-Anzeigen. Die beiden Moderatoren produzieren also das Werbeformat in Absprache mit ihren Kunden selbst. Dieser Sponsoring-Ansatz, der ein wenig an die Ursprünge der Radio- und Fernsehwerbung in den USA erinnert, hat sich in For-Profit-Podcasts schon lange durchgesetzt. “Es hat sich auch grundsätzlich wenig daran geändert, wer diese Werbung macht. Es sind oft Online-Produkte und -Services. Die großen deutschen Marken sind bis heute nicht dabei. Das könnte die programmatische Werbung aber ändern”, sagt Richard Hemmer. Tatsächlich kennen alle Podcast-Early-Adopter die online vertriebene Matratze Casper oder den Webhoster Squarespace, weil diese Unternehmen früh die Podcast-Nische besetzt hatten. Und selbst heute sind Hemmers Stammkunden vor allem Online-Shops und Apps.
Der Erfolg ist messbar, allerdings vor allem über Umwege wie Rabattcodes. Hier liegt auch der eigentliche Grund für das Nischendasein der Podcast-Werbung: Ihr fehlten lange die Vorzüge digitaler Werbung wie einfache Skalierung, präzises Targeting und die Möglichkeit der Optimierung von Metriken wie Conversion Rates. Es gibt dafür technische und historische Gründe. Podcasts werden dezentral auf Basis eines freien Standards, RSS, verteilt. Sie können damit anonym und von verschiedenen Geräten und Apps abgerufen werden, wodurch ein User für eine Podcastfolge meist mehrere Downloads verursacht. Aus dem gleichen Grund gehört das Format Podcast keiner einzelnen Plattform, so sehr sich Apple, Spotify und Amazon bemüht haben. Es fehlen dadurch verlässliche Nutzerdaten, wenn wir plattformübergreifend denken.
Durch die Zusammenarbeit von Podcast-Werbenetzwerken und Hosting-Plattformen wie Podigee gibt es heute immerhin eine Reichweitenmessung und damit auch die Möglichkeit, diese per TKP zu buchen. Der Host generiert automatisch eine MP3-Datei mit Werbung, bis die gebuchte Reichweite erreicht ist. Hier geht es bei Host-Read Ads meist um größere Tokens von 250.000 Kontakten und darüber, zu einem vergleichsweise hohen TKP. Was spricht für diese Buchung? “Unsere Kundinnen und Kunden buchen uns einerseits aufgrund der Reichweite, aber auch, weil wir ein loyales Zielpublikum haben, das uns kennt und mag. Dementsprechend zeigen die von uns produzierten Audio-Anzeigen auch Wirkung”, erklärte Richard Hemmer. “Wir wollen nicht für alles Werbung machen, sondern suchen uns die Kunden aus, und das macht die Anzeigen auch so effektiv.” Für die Werbetreibenden bedeutet das allerdings Aufwand in der Planung und relativ hohe Kosten pro Einheit. Da nur wenige Podcasts die Reichweite von “Geschichten aus der Geschichte” und nicht viele Unternehmen das Budget für hochwertige Host-Read-Buchungen haben, blieb Podcast-Werbung bisher ein Nischenprojekt. Das könnte die Anbindung an programmatische Plattformen wie Google DV360 jetzt ändern.
Live Performance des Podcast „Geschichten aus der Geschichte“ mit Richard Hemmer und Daniel Meßner.
Fotocredit: jesperpape
“Ich sehe das als natürliche Entwicklung und Folge der Professionalisierung von Podcasts. Programmatische Buchung bedeutet einen niedrigeren TKP und weniger Commitment”, kommentiert Richard Hemmer. Die große Chance für Podcasts ist, dass Werbetreibende sie in ihrem Mediamix aufnehmen werden, wenn sie nun ähnlich funktionieren wie Programmatic Audio auf Spotify, Amazon Music oder YouTube. Gleichzeitig ermöglichen AI-Tools wie automatische Transkripte kontextbasiertes Targeting, womit man auch für das richtige Umfeld für die eigenen Anzeigen sorgen kann. Mit diesen niedrigeren Hürden ist es für Werbetreibende auf jeden Fall interessant, den Kanal auszuprobieren, insbesondere wenn man die günstigen Herstellungskosten für Audio-Werbung bedenkt.
In Zukunft könnten sich dadurch auch die Möglichkeiten für kleinere Podcasts, mit Werbung Geld zu verdienen, erweitern. Viele Nischen-Formate finanzieren sich heute über Beiträge ihrer Fans auf Plattformen wie Patreon. Es wird spannend zu sehen, was passiert, wenn die Monetarisierung eines Podcasts so einfach wie die Teilnahme am Google-Ads-Partnerprogramm wird. Denn viele dieser Formate verfügen über hunderte Folgen, die unverwertet in ihrem Archiv liegen und nach wie vor gehört werden. Programmatische Buchung bedeutet allerdings auch eine Verschiebung weg von Host-Read-Ads, hin zu Producer-Read-Ads, ähnlich wie ein klassischer Radio-Werbespot. Für “Geschichten aus der Geschichte” kommen diese laut Richard Hemmer momentan nicht in Frage: “Bei uns funktioniert Werbung nur, wenn wir sie lesen. Es wird immer Unternehmen geben, die Host-Reads wollen, weil sie eine ganz andere Art der Vermittlung bedeuten”, ist er überzeugt.
Wenn es die Podcast-Werbung durch die programmatische Buchung tatsächlich aus der Nische schafft, könnte das aber einen Boom für beide Formate bedeuten. Es lohnt sich auf jeden Fall schon heute für Werbetreibende, Podcasts in ihrem Media-Mix zu testen. Niedrige Produktionskosten, einfache Buchung, KI-unterstütztes Kontext-Targeting und die große Leidenschaft der Podcast-Hörer*innen zu ihrem Lieblingsformat sprechen dafür.
Fotocredit Titelbild: Ian Ehm
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